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3152008 - Pressemitteilung: Reformchaos der Lehrerausbildung

Schul- und Wissenschaftsministerium zerstritten – Hochschulen in
Verweigerungshaltung

Neun Monate nach Vorstellung der Eckpunkte für eine neue Lehrerausbildung in Nordrhein Westfalen bilanzieren die Lehrerverbände NRW (LNRW) als Kooperation des Philologen Verbandes, des Verbandes der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen und des Verbandes der Lehrerinnen und Lehrer an Berufskollegs ein völliges Planungsdesaster.

Die Umsetzung der Lehrerausbildung steckt nach Einschätzung der Lehrerverbände in einer Sackgasse. In Krisensitzungen bemüht man sich um Schadensbegrenzung. Bereits vor Monaten hatten die Lehrerverbände heftige Kritik daran geübt, dass die Vereinheitlichungstendenzen in der Lehrerausbildung dem Anspruch der fachwissenschaftlichen Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern an Gymnasien, Gesamtschulen und Berufskollegs nicht gerecht werden. Gleichermaßen kritisierten sie ebenso, dass die Zerschlagung des bewährten 24-monatigen Vorbereitungsdienstes der schulpraktischen Ausbildung schweren Schaden zufügt.

Nun zeigen sich bei den Planungen der letzten Monate, dass die Vorstellungen des Schulministeriums und des Wissenschaftsministeriums weit auseinanderklaffen. Erwartungen und Forderungen von Schulen und Hochschulen gehen in völlig unterschiedliche Richtungen. Sie widersprechen sich eklatant.

Deutlich wird auch, so die Lehrerverbände NRW, dass die Bachelor/Master-Struktur an den Hochschulen für die Lehrerausbildung absolut unpassend ist.

• Während die Eckpunkte davon ausgehen, dass alle Lehramtsstudenten, die den Bachelor-Abschluss erreicht haben, auch für den Master zugelassen werden, pochen Hochschulen auf das Hochschulfreiheitsgesetz in Nordrhein- Westfalen. Sie wollen den Masterzugang nicht automatisch für alle Lehramtsstudenten ermöglichen.

• Während das Schulministerium großzügig auf das 1. Staatsexamen verzichtete und sich mit der Prüfung der Studiengänge (Akkreditierung) zufrieden gab, wollen die Hochschulen eine fundierte Akkreditierung eigentlich nur in der Masterphase zulassen. Dann aber kommt jede Einflussnahme auf die Studiengänge und Studienangebote zu spät. Lehrerverbände NRW

• Während das Praxissemester von Hochschulen und Studienseminaren gemeinsam verantwortet und organisiert werden soll, beanspruchen die Hochschulen nun die Gesamtverantwortung für sich. Sie haben völlig andere Vorstellungen als beispielsweise die Schulen und Studienseminare, die in diesem Semester umfassend eingebunden werden müssen, wenn denn die Zusage größerer praxisorientierter Ausbildung eingelöst werden soll.

Es ist ungeklärt, ob das Hochschulfreiheitsgesetz so verändert wird, dass in den Hochschulen Lehrerbildungszentren im Rang von Fakultäten gegründet werden. Das Schulministerium verlangt dies zur Aufwertung der Lehrerausbildung, die Hochschulen verweisen auf ihre Hochschulfreiheit.

„Die Reform der Lehrausbildung in Nordrhein-Westfalen steht vor einem Scherbenhaufen. Das Ziel einer besseren Verzahnung von Hochschulen und Studienseminaren ist in unerreichbare Ferne gerückt und damit eine Säule der Reformpläne weggebrochen. Wir fordern die Verantwortlichen auf, das Eckpunktepapier gründlich zu überarbeiten und dabei die Möglichkeiten und die Bereitschaft der Hochschulen realistisch einzuschätzen.“, so Peter Silbernagel, Sprecher der Lehrerverbände und Vorsitzender des Philologen-Verbandes. „Formelkompromisse sind faule Kompromisse und schaden letztlich den Studierenden!“

Auch die Vorsitzenden der Berufsschullehrerverbände, Wolfgang Brückner und Elke Vormfenne, berichten von wachsenden Widerständen der Hochschulen gegenüber den Reformplänen der Landesregierung. Sie fürchten, dass die unausgewogenen Pläne dazu führen, dass der Lehrernachwuchs insbesondere auch für die beruflichen Schulen wegbricht. Damit werde sich der Lehrermangel im nächsten Jahrzehnt noch weiter verschärfen.

Die Lehrerverbände NRW betonen, dass es pädagogisch höchst unverantwortlich ist, die schulpraktische Ausbildungszeit auf nur noch 12 Monate zusammenschrumpfen zu lassen.

Angesichts der Entwicklung in anderen Bundesländern fürchten sie, dass sich Nordrhein-Westfalen bundesweit isoliert. Mit einer schlechten Lehrerausbildungskonzeption aber verspielt Nordrhein-Westfalen die schulpolitische Zukunft.

Düsseldorf, 31. Mai 2008

gez. Peter Silbernagel
Sprecher d. Lehrerverbände NRW