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1382008 - Pressekonferenz: "Neustart ins Schuljahr - Erwartungen der Lehrerverbände NRW zur Schulpolitik"

Pressemitteilung: Lehrerverbände fordern Reformstopp in der Schulpolitik
Abkehr von Belastungsspirale für Beschäftigte dringend nötig

Die zurückliegenden drei, schulpolitisch von CDU/FDP verantworteten Jahre haben eine Vielzahl von Neuerungen und Veränderungen für Schulen, Eltern, Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte mit sich gebracht.

Ausdrücklich loben die Lehrerverbände NRW (LNRW) die Schwerpunktsetzungen kontinuierlich hoher Einstellungsquoten, den Einsatz für Schulvielfalt und für eine schulformbezogene Schulaufsicht, für große Ausbildungskapazitäten in der Lehrerausbildung und die Entscheidung zur Fortsetzung der Lehreraltersteilzeit.

Aber die Lehrerverbände stellen auch fest, dass die Fülle der Reformvorhaben die Schulen an den Rand des Machbaren und die Lehrerinnen und Lehrer an die Grenzen physischer und psychischer Belastbarkeit geführt hat. Die letzten Monate dokumentieren, dass selbst das Schulministerium von der Welle reformhektischer Vorhaben überrollt wurde.

Um wie viel mehr sind dann aber Schulen belastet, beispielsweise Sprachstandsfeststellungs-Verfahren, Prognose-Unterricht und mehrere zeitgleich ablaufende zentrale Prüfungsverfahren durchzuführen, zu dokumentieren und auszuwerten! Schulen sind konfrontiert mit der Qualitätsanalyse, neuen Fortbildungskonzepten und der Umsetzung der Schulzeitverkürzung. Sie sehen sich herausgefordert durch Kopfnoten, Kernlehrpläne und Förderkonzepte, müssen Ganztagsoffensive, den Übergang zur Eigenverantwortlichkeit und die Mitarbeit in Bildungsnetzwerken schultern.

„Die Schulpolitik muss endlich den Schulen Chancen einräumen, in Ruhe und Kontinuität pädagogisch zu arbeiten. Sämtliche Veränderungen benötigen Zeit und die Möglichkeiten ausgewogener Beratung und zielgerichteter Umsetzung. Sie erfordern ebenfalls, dass Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer auf dem Reformweg mitgenommen werden“, so Peter Silbernagel, Sprecher der Lehrerverbände NRW.

Nicht wenigen Reformprojekten mangelt es an Solidität und Seriosität. Zu nennen sind hier u.a.

- Das Auswahlverfahren für Schulleiterinnen und Schulleiter (vgl. § 61 Schulgesetz)
[Schulgesetzliche Vorgaben stehen z.T. im Widerspruch zu Bestimmungen des Landesbeamtengesetzes; die Folgen sind Nichtbesetzungen und eine Fülle juristischer Auseinandersetzungen; das Bundesverfassungsgericht erklärte die Zeitbeauftragung für nichtig; auch das Qualifizierungsverfahren wird seit Monaten kontrovers diskutiert.]

- Die Kopfnotenpraxis
[Transparenz und Einheitlichkeit sind nicht gegeben; der unverhältnismäßige Aufwand ist fragwürdig, die Sinnhaftigkeit für Berufsschulen und für gymnasiale Oberstufen zweifelhaft.]

- Die Reform der Lehrerausbildung
[Hochschulen und Schulen haben unterschiedliche Sichtweisen und verfolgen sich widersprechende Ziele; die Umsetzung des Eckpunktepapiers gefährdet die Schulqualität in erheblichem Maße.]

Die Lehrerverbände NRW appellieren an die verantwortlichen Schulpolitikerinnen und Schulpolitiker, das Reformtempo drastisch zu drosseln und sinnvollerweise für die nächsten zwei Schuljahre eine Reformpause einzulegen. Dies wäre ein entscheidender Beitrag zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der Qualität unserer Schulen.

Darüber hinaus sind „vertrauensbildende Maßnahmen“ gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern dringend erforderlich, um die ständig gewachsene hohe Belastung schrittweise zurückzufahren!

Düsseldorf, den 13.08.2008

Weitere Informationen sowie Medienresonanz zur Pressekonferenz finden Sie unter dem folgenden Link:

http://www.phv-nw.de/inhalt/index.php?option=com_content&task=view&id=923&Itemid=4&mosmsg=Beitrag+erfolgreich+gespeichert.